»Vogelsang - the making of«
Ein Film von A. Magdanz
Kamera, Schnitt: Tom Lemmer
ca. 35 Minuten

  AKTUELLES ZUM PROJEKT VOGELSANG


Das Projekt »Vogelsang« ist abgeschlossen
Die Publikation wird zu der Ausstellungseröffnung am 8. Mai 2010, im Musée Royal de l'Armée in Brüssel, in gedruckter Version und als eines der ersten Bücher weltweit für das iPhone als MagBooks®, sowie als E-Book für den PC/Mac veröffentlicht.





Staatskanzlei NRW fördert Vogelsang

Die Staatskanzlei des Landes NRW fördert in Zusammenarbeit mit der Bezirksregierung Köln und auf Empfehlung des Kulturausschusses der Regio Aachen das Projekt Vogelsang.





Kunststiftung NRW fördert Vogelsang

Der Vorstand der Kunststiftung NRW hat in seiner Sitzung am 28. August 2007 Förderprioritäten für wichtige künstlerische Ereignisse und Projekte des kommenden Jahres festgelegt.« Dabei wurde auch entschieden das Projekt »Vogelsang« zu fördern.
Die Arbeiten beginnen im November 2007 und werden mit einer Publikation und Ausstellungen Mitte 2008 abgeschlossen. Für die Förderung möchte ich mich bei der NRW Kunststiftung herzlich bedanken.




VOGELSANG

Christoph Schaden

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CARMINA BURANA


Spätestens mit der Eröffnung des Nationalparks Eifel zum 1. Januar 2004 ist das militärisch genutzte Areal Vogelsang bundesweit in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. In der kontrovers geführten Diskussion um die zukünftige zivile Nutzung der ehemaligen NS-Ordensburg, die im Umgang mit der nationalsozialistischen Erblast durchaus paradigmatische Züge aufweist, hat ein zentraler Aspekt bisher nur marginal Beachtung gefunden. Es handelt sich um das Faktum, dass mit dem Abzug der belgischen Streitkräfte zum 1. Januar 2006 ein bedeutendes Kapitel deutscher Besatzungsgeschichte der Nachkriegszeit unwiderruflich enden wird.

Ausgangspunkt des künstlerischen Projekts VOGELSANG ist der Leitgedanke, dass die historische Essenz der Örtlichkeit Vogelsang gerade in der militärischen Nutzung der ehemals ideologisch geführten Schulungsstätte durch die belgischen Truppenverbände liegt.

In einem Zeitraum von 54 Jahren ist das ca. 4.200 ha umfassende Gelände als Truppenübungsplatz grundlegend auf die konkreten Anforderungen der demokratischen Siegermacht des Nachbarstaats angepasst worden. Die Übernahme erfolgte hierbei in mehreren Schritten und betrifft in ihren sehr unterschiedlichen Auswirkungen alle Aspekte der Anlage im konkreten funktionalen wie weltanschaulichen Bereich. Folglich sind heute zahlreiche Spuren des komplexen Aneignungsprozesses in Vogelsang sowohl an kulturellen als auch an natürlichen Relikten ablesbar. Das Spektrum der Transformationen reicht hierbei von Kontinuitäten (z.B. in der funktionalen Verwendung mehrerer Bauten im Kernbereich der Anlage) bis hin zur völligen Demontage (Wüstung Wollseifen). Mit der zivilen Umnutzung ab 2006 wird ein Grossteil der Spuren zwangsweise beseitigt werden.


DAS PROJEKT VOGELSANG

Ziel des Projekts VOGELSANG ist eine umfassende Bilddokumentation des Camp Vogelsang mit dem Medium der Grossformatfotografie.

In einem ersten Schritt dient die Bilddokumentation dazu, den derzeitigen Zustand des Areals und seiner jetzigen militärischen Verwendung als visuelles „Quellenmaterial“ (Schmitz 2002, S. 103) für zukünftige Generationen überhaupt fass- und nutzbar zu machen. Wegen der Vakanz geeigneter visueller Dokumente, die sich nicht zuletzt aus der strengen Abschirmung des Militärgeländes bedingt, besteht derzeit noch ein als gefährlich einzustufendes Informationsdefizit, das zu einer weiteren Mystifizierung der ehemaligen NS-Anlage führen kann. Mit einer umfangreichen fotografischen Bestandsaufnahme, die zugleich ein differenziertes und wirklichkeitsnahes Bild der Anlage im Zustand ihrer militärischen Nutzung vermittelt, kann ein gewichtiger Beitrag geleistet werden, dieses Defizit zu schliessen.

Wie kein anderes Medium ist für eine Bilddokumentation die Grossformatfotografie geeignet, die heikle Thematik auf visueller Ebene aufzugreifen und zu verdichten. Ihre spezifische Qualität bringt der Medientheoretiker Peter Weibel (1996, S. 63) zum Ausdruck: »Das [fotografische, d. Verf.] Grossbild richtet die Aufmerksamkeit auf die Wahrnehmung selbst. Wir werden gewahr, dass wir wahrnehmen. Durch diese Beobachtung zweiter Ordnung, diese Beobachtung der Beobachtung, entsteht erhöhte, intensivierte, multiplizierte Aufmerksamkeit.“

Über das Einzelbild hinaus soll in einem weiteren Schritt eine transparente inhaltliche Konzeption einen vertiefenden Reflektionsrahmen zu dem geschichtsbelasteten Standort ermöglichen. Der Aufbau der Arbeit VOGELSANG folgt daher einer Dreigliederung, die die substantiellen Parameter des Truppenübungsplatzes erfasst:
NATUR, ARCHITEKTUR, MILITÄR.
Neben der Einzelanalyse der drei Themenbereiche verfolgt das Gesamtprojekt die Zielsetzung, die natürlichen, architektonischen und militärischen Elemente des Geländes in ihren komplexen wechselseitigen Verflechtungen und Bezügen aufzuzeigen.


NATUR

Mit der Etikettierung „Naturpark Eifel“ rückt derzeit der schützenswerte Aspekt der natürlichen Ressourcen von Vogelsang verstärkt in den Mittelpunkt. Die Fokussierung auf die herausragende Wertigkeit des Naturreservats resultiert bekanntlich aus der konsequenten Abschottung des militärisch genutzten Areals, die erst die Regeneration bedrohter Tier- und Pflanzenarten ermöglicht hat. „Erneut bestätigt sich am Beispiel Vogelsang, dass militärische Übungsgelände einen bedeutenden naturschutzfachlichen Wert haben“ (Pape 2002, S. 11). Gleichwohl ist der im Laufe von über 50 Jahren entstandene natürliche Schonraum im Rahmen der militärischen Gebrauchnahme als ein nicht intendierter Nebeneffekt einstufbar.

Im gegenwärtigen Zustand steht dieses merkwürdige kultur- wie naturhistorische Faktum zugleich im deutlichen Kontrast zu den weitreichenden Eingriffen und Verletzungen, die die Natur in Vogelsang gerade im Laufe des 19. Und 20. Jahrhunderts erfahren hat. Die konkreten anthropogenen Einflüsse reichen von den Anpflanzungen von Fichtenwäldern im 19. Jahrhundert (Schöller 2002, S. 41), den massiven Verwüstungen durch die Kampfhandlungen im Zweiten Weltkrieg bis hin zu Verminungen, Verseuchungen und Rodungen im Zuge der militärischen Nutzung durch die britischen und belgischen Alliierten (Heinen 2002, 39ff). So zählen Kontaminationen, die aus der Wartung und Betankung und aus speziellen Übungsabläufen der Militärtruppen resultieren, ebenso wie von Kampfmittel verseuchte Naturflächen zu den Altlasten des zukünftigen Naturparks (Zukunft Vogelsang 2003, S. 15).
Vorrangiges Ziel der fotografischen Dokumentation ist es, die Historizität der Natur in ihren ambivalenten Auswirkungen verdichtend sichtbar zu machen. Es gilt, das vielfältige Spektrum von Nutzraum versus Freiraum, Verletzung/Verseuchung versus Schonung in ihren dialektischen Bezügen offenzulegen.

Ein gesonderter Schwerpunkt des Bilddiskurses zum Thema NATUR widmet sich der ideologischen Instrumentalisierung der Eifellandschaft im Zuge der Verortung der NS-Ordensburg. Als ästhetische Folie zur Einbettung der NS-Schulungsstätte hat das natürliche Areal von Beginn an im Dienste einer Inszenierung gestanden, die dem Gedanken eines Gesamtkunstwerks verpflichtet war. In den Schwarzweissaufnahmen des renommierten Architekturfotografen Hugo Schmölz, die in den 1930er Jahren entstanden sind, ist dieses ästhetisierende Konzept in einer Professionalität und Suggestion vermittelt worden, die noch heute nachwirkt. Eine kritische Reflektion der konkreten Vorbilder, die „das Unerbauliche der Natur“ (Schröders 2002, o.S.) mit einschliesst, ist unverzichtbar.


ARCHITEKTUR

Mit der Bezeichnung „Ordensburg Vogelsang“ legte der damalige Reichsorganisator und Reichsschulungsleiter der NSDAP und Führer der Deutschen Arbeitsfront (DAF), Dr. Robert Ley, im Spätherbst 1935 bewusst eine falsche Fährte. Zwar fungierte die nationalsozialistische Schulungsstätte im Sinne des von ihm propagierten Gedankens der 'Partei als Orden' als pseudohistorische Folie und folglich als „Architekturkulisse“ (Schmitz-Ehmke 2003, S. 9). Schon 1937 gelangte jedoch Hubert Schrade, ein Architekturtheoretiker des Nationalsozialismus, zu der nüchternen Feststellung, dass „die Gesamtanlage der Ordensburgen mit einer mittelalterlichen Burg nichts mehr zu tun hat“ (zit. nach Leser 1991, S. 206).

Wie in den Analysen von Leser und Schmitz-Ehmke treffend dargelegt worden ist, war die architektonische Gestaltung der Schulungsanlage durch den Kölner Architekten Clemens Klotz (1886-1969) vielmehr durch eine eklektizistische Vorgehensweise geprägt, die Elemente des modernen funktionalistischen Bauens mit einer Materialverwendung im Sinne des Heimatschutzstils der 1920er Jahre und der sog. Blut & Boden - Doktrin verband. Das so entstandene bauliche Stilgemisch der NS-Zeit in seinen modernen wie anachronistischen Facetten bildet den Ausgangspunkt der Bilddokumentation.

Im Zentrum der Bildanalyse steht indes die Übernahme des NS-belasteten architektonischen Areals durch die belgischen Streitkräfte. Die Transformation der nationalsozialistischen Schulungsstätte in die Militärkaserne einer demokratischen Siegermacht bildet hierbei die gravierendste historische Schnittstelle der Lokalität Vogelsang. Das breite Spektrum der Folgeverwendungen reicht von funktionalen Kontinuitäten (Küche, Schlafeinheiten der Kameradschaftshäuser) bis hin zur völligen Demontage (Kultstätte) der 1946 noch erhaltenen Gebäudeeinheiten. Die weitreichende Anpassung an die Erfordernisse eines Militärgeländes spiegelt sich darüber hinaus in späteren Um- und Anbauten, bei denen zum Teil ebenfalls Baureste der NS-Ordensburg verwendet wurden (z. B. Fundamente für das „Haus des Wissens“, auf denen die Kaserne Van Dooren errichtet wurde).

Zu den architektonisch herausragenden Relikten der belgischen Besatzungsperiode zählt zudem ein für 1100 Besucher angelegter Kinosaal sowie eine Tankstelle aus den 1950er Jahren. Des Weiteren sind unter der belgischen Militärverwaltung mit Unterstützung der deutschen Architekten Schäfer und Giovanni Panzerhallen, eine Waschanlage für Lkws und Kettenfahrzeuge und zahlreiche Strassen errichtet worden. Abseits der Diskussion um den denkmalpflegerischen Wertigkeit der einzelnen Architekturen dient eine Bilddokumention dem primären Zweck, deren derzeitige funktionale Gebrauchnahme fotografisch zu erfassen.


MILITÄR

Im dritten Teil der Dokumentation VOGELSANG wird der Blick auf die gegenwärtige militärische Identität des Geländes gelenkt. Unmittelbar nach Kriegsende haben die alliierten Siegermächte unter der Bezeichnung „British Training Area“ bzw. „Training Area Vogelsang“ die militärische Folgenutzung zu Übungszwecken der Eifelortschaft implementiert. Wegen der funktional bedingten Abschottung des Camp Vogelsang fehlt bis heute allerdings eine bildhafte Vorstellung von dem militärischen Übungsplatz in der Öffentlichkeit.

Abermals gilt es, durch eine fotografische Analyse eine realitätsnahe Anschauung zu vermitteln und zugleich die spezifischen historischen Verdichtungen des Sujets freizulegen. Vereinzelte Spuren militärischer Verwendungen lassen sich in den Wäldern bereits in Überresten des Westwalls und der Bunkeranlagen des Zweiten Weltkrieges finden. Unter belgischer Militärverwaltung existierten 1980 bereits 39 Schiessstände, die über das gesamte Areal zerstreut waren. Der ehemalige anliegende Flugplatz Walberhof ist zwischenzeitlich für Panzereinsätze genutzt worden. An Stelle des verlassenen Dorfes Wollseifen stehen heute 20 Rohbauten, in denen Trainingseinheiten für Strassen- und Gebäudekämpfe erfolgen.

Die knappe Aufzählung mag verdeutlichen, wie eng die militärische Instrumentalisierung auf die konkreten architektonischen wie natürlichen Gegebenheiten bezogen ist. Abschliessend sei nochmals betont, dass mit dem 1. Januar 2006 die verflochtenen Bezugsgrössen NATUR, ARCHITEKTUR und MILITÄR in Vogelsang unwiderruflich aufgelöst werden.


LITERATUR

Arntz, Hans-Dieter: Ordensburg Vogelsang 1934 bis 1945. Erziehung zur politischen Führung im Dritten Reich, 4. aktualisierte Auflage, Euskirchen 1999

Heinen, Franz A.: Vogelsang: Von der NS-Ordensburg zum Truppenübungsplatz. Eine Dokumentation, Aachen 2002

Herzog, Monika: Die Ordensburg Vogelsang: eine Herausforderung für die Denkmalpflege, in: Denkmalpflege im Rheinland, Jg. 20, H. 1, 2003, S. 1 - 8

Leser, Petra: Der Kölner Architekt Clemens Klotz (1886 - 1969) (Veröffentlichungen der Abteilung Architekturgeschichte des Kunsthistorischen Instituts der Universität zu Köln 41), Köln 1991

Natur- und Umweltschutzakademie NRW (Hrsg.): Nationalpark Eifel - eine Idee nimmt Gestalt an (NUA-Seminarbericht 8), Recklinghausen 2002

Pape, Jörg: Grusswort, in: Natur- und Umweltschutzakademie NRW (Hrsg.): Nationalpark Eifel - eine Idee nimmt Gestalt an (NUA-Seminarbericht 8), Recklinghausen 2002, S. 11 - 13

Pütz, Frank: Die ehemalige NS-Ordensburg Vogelsang, in: Burgen und Schlösser, Jg. 44, H. 1, 2003, S. 24 - 35

Schmitz, Gudrun: Burg Vogelsang in der Eifel, in: Natur- und Umweltschutzakademie NRW (Hrsg.): Nationalpark Eifel - eine Idee nimmt Gestalt an (NUA-Seminarbericht 8), Recklinghausen 2002, S. 103 - 106

Schmitz-Ehmke, Ruth: Die Ordensburg Vogelsang. Architektur - Bauplastik - Ausstattung (Landschaftsverband Rheinland - Landeskonservator Rheinland; Arbeitsheft 41), 2. veränderte und erweiterte Auflage, Köln 2003

Schöller, Wolfgang: Waldgeschichte, Waldzustand und Wa
Scholtz, Harald: Die »NS-Ordensburgen«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Jg. 15, 1967, S. 269 - 298

Schröders, Michael: Naturpark, Naturschutz und Geschichtre: Vogelsang, in: Lernort Vogelsang (Internetseite www.lernort-vogelsang.de), 2003f, o.S.

Hubert Schrade: Bauten des Dritten Reiches, Leipzig 1937

Peter Weibel: Das fotografische Grossbild im Zeitalter der Geschwindigkeit, in: Das grosse stille Bild. Hrsg. v. Norbert Bolz und Ulrich Rüffer, München 1996, S. 46 - 73

Zukunft Vogelsang. Machbarkeitsstudie und Entwicklungskonzept für eine zivile Folgenutzung des Truppenübungsplatzes Vogelsang. Hrsg. v. Kreis Euskirchen, Euskirchen 2003

 
 
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